Rechtsanwalt Mustafa Başkal
Ihr Rechtsanwalt in Pforzheim

Familienrecht

Seit der Kanzleigründung im Jahr 2007 in Pforzheim arbeite ich mit Schwerpunkt in Familienrecht. Im Familienrecht geht es u. a. um die Bereiche: Scheidung Unterhalt (Kindesunterhalt, Ehegattenunterhalt), Sorgerecht, Umgangsrecht, Gewaltschutz (Annäherungsverbot), Zuweisung der Ehewohnung, Zugewinnausgleich etc.

Zu den einzelnen Teilbereichen des Familienrechts finden Sie auf anderen Webseiten ausführlichere Informationen. Meine Darstellung auf dieser Seite bezieht sich mehr auf das Praktische, d. h. auf die Frage, wie ein Verfahren im Familienrecht vor dem Familiengericht Pforzheim tatsächlich abläuft. 

Viele von Ihnen werden das erste Mal mit Anwälten und Gerichten zu tun haben. Zu der starken emotionalen Belastung wegen der Trennung vom Ehepartner kommt häufig die Aufregung bzw. ein unwohles Gefühl wegen der anstehenden Gerichtsverhandlung dazu. 

Jedenfalls was die Gerichtsverhandlung betrifft, ist die Aufregung in der Regel umsonst.

Anders als in Strafsachen finden Verhandlungen vor dem Familiengericht Pforzheim nicht in großen Gerichtssälen statt, sondern im kleinen Rahmen in den Arbeitszimmern der Richterinnen und Richter. Der Richter sitzt also nicht in erhöhter Position über den Dingen, sondern an seinem Schreibtisch und diskutiert mit Ihnen auf gleicher Augenhöhe. Die Verhandlungen in Familienrecht sind zudem nicht öffentlich, d. h. es dürfen keine Zuschauer anwesend sein. Schon dieser äußere Rahmen wirkt beruhigend auf die Mandanten.

Man muss ferner wissen, dass das Familiengericht Pforzheim, die Vertreter der Jugendämter und die Rechtsanwälte in Sorgerechts- und Umgangsverfahren nach dem Vorbild des sog. "Cochemer Modells" (benannt nach der Stadt Cochem) darum bemüht sind, im Interesse der gemeinsamen Kinder eine sachliche Diskussion zwischen den Eltern zu ermöglichen und zu fördern. Es geht also bei Verfahren, bei denen Kinder beteiligt sind, eher darum, die Elternverantwortung wieder zu stärken und nach Möglichkeiten einer  einvernehmlichen Lösung  zu suchen. Auch inhaltlich wird also meist sachlich und ruhig diskutiert. Eigens hierzu lädt die Stadt Pforzheim regelmäßig zu Gesprächsrunden mit dem Titel "Elternkonsens" (Teilnehmer sind Familienrichter, Vertreter der Jugendämter und Rechtsanwälte im Familienrecht). 

Eine sachliche Diskussion kann nur befürwortet werden, weil sie helfen kann, die Spannungen zwischen den (meist stark zerstrittenen) Eheleuten etwas abzubauen. Dies gilt nicht nur für Sorgerechts- und Umgangsverfahren, sondern selbstverständlich auch für Scheidungs-, Unterhaltsverfahren, etc.

Für die türkischen Mitbürger noch der besondere Hinweis:

Was die Scheidung von türkischen Staatsangehörigen betrifft, so gilt seit dem 21.06.2012 die sog. Rom-III-Verordnung. Bei der Frage, welches Familienrecht (deutsches oder türkisches Familienrecht) anzuwenden ist, knüpft die Verordnung auf das Recht des gemeinsamen Aufenthaltsortes an. Wenn also beide Eheleute in Deutschland leben, kommt generell deutsches Scheidungsrecht zur Anwendung. Das bedeutet, dass auch türkische Eheleute mindestens ein Jahr getrennt leben müssen, bevor der Scheidungsantrag vor dem Familiengericht gestellt werden kann. Allerdings gibt es immer noch Berührungen mit dem türkischen Familienrecht, etwa bei der gütterrechtlichen Auseinandersetzung. Hier gilt es, die Besonderheiten des türkischen Familienrechts zu kennen und richtig anzuwenden. Schon die Frage, ob im türkischen Recht ein Auskunftsanspruch bezüglich der Vermögenswerte besteht, ist eine höchst streitige Frage. Zwar nehmen viele Familiengerichte unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Hamm an, dass aufgrund der Besonderheit des türkischen Verfahrensrechts ein Auskunftsanpruch gegeben sein müsse. Man kann aber mit guten Argumenten auch anderer Rechtsauffassung sein.

Der große Vorteil bei Anwendung des deutschen Scheidungsrechts ist die Tatsache, dass der Ehepartner, der die Scheidung wünscht, nur das Trennungsjahr abwarten muss. Anders als im türkischen Familienrecht kommt es auf ein Verschulden des anderen Ehepartners nicht an. Die Scheidung nach deutschem Recht hilft also, eine sachliche Diskussion zu führen und die Emotionen außen vor zu lassen.

Dieser erhebliche Vorteil hat natürlich eine Kehrseite: eben das Abwarten des Trennungsjahrs. Viele türkische Mandanten empfinden dies als Nachteil, weil nach türkischem Familienrecht der Scheidungsantrag sofort gestellt werden kann, wenn beide Eheleute die Scheidung wünschen. Hierzu bietet wiederum die Rom-III-Verordnung Besonderheiten für die Rechtsgestaltung, wenn einer der Ehepartner türkischer Staatsangehöriger ist. Hierzu kann ich Sie gerne näher beraten.

Für die italienischen Mitbürger noch der besondere Hinweis:

Die Rom-III-Verordnung hat auch für unsere italienischen Mitbürger einen erhebliche Vorteil gebracht (nicht weil die Verordnung nach der ewigen Stadt "Rom" benannt ist, sondern weil sie auch für alle in Deutschland lebenden EU-Bürger gilt). Wenn also beide Eheleute italienische Staatsangehörige sind und beide in Deutschland leben, gilt nach dieser Verordnung deutsches Familienrecht. Italienische Mitbürger müssen also nicht mehr, wie früher, zunächst einen gerichtlichen Antrag auf Trennung stellen.

Zur Verdeutlichung muss ich kurz zum italienischen Scheidungsrecht näher ausführen: Anders als im deutschen Familienrecht sieht nämlich das italienische Familienrecht generell vor, dass zunächst eine förmliche Trennungsklage vor Gericht eingereicht werden muss. Im italienischen Familienrecht muss also der Richter erst in einem gesonderten Verfahren feststellen, dass die Eheleute getrennt leben. Erst wenn dieses Verfahren beendet ist und drei weitere Jahre abgelaufen sind, kann die Scheidung in einem zweiten Verfahren beantragt werden. Aufgrund der Rom-III-Verordnung entfällt also für die italienischen Mitbürger das förmliche und langwierige Trennungsverfahren. Die Scheidung kann also nach deutschem Recht nach Ablauf des Trennungsjahrs eingereicht werden.

Die Kenntnis und die Anwendung des italienischen Scheidungsrechts ist aber weiterhin dann erforderlich, wenn nur ein Ehepartner in Deutschland lebt und der andere Ehegatte wieder nach Italien zurückgekehrt ist. Dann kommt die Rom-III-Verordnung nicht zur Anwendung.


Was ist das Wechselmodell? 

Es bedeutet, dass der Umgang so geregelt ist, dass das Kind im Wechsel eine Woche bei der Mutter und eine Woche bei dem Vater verbringt. 

Wie steht das Oberlandesgericht Karlsruhe zum Wechselmodell? 

Entgegen der häufig zu lesenden Meinung, dass das Wechselmodell nur dann möglich sei, wenn beide Eltern das wünschen würden, hält das Oberlandegericht Karlsruhe mit guten Gründen dagegen. Zugleich räumt das Oberlandegericht Karlsruhe  in einer lesenswerten Entscheidung (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 05.11.2013, Az. 5 UF 27/13) mit dem Vorurteil auf, dass das Wechselmodell nur dann praktiziert werden könne, wenn die Eltern kooperieren und nicht streiten würden. In dieser Entscheidung betont das Oberlandegericht Karlsruhe:

"...mit dem regelmäßigen Wechsel des Kindes zwischen zwei Haushalten sind erhebliche Vorteile für das Kind und die Eltern verbunden.

Die enge Eltern-Kind-Beziehung zwischen dem Kind und beiden Elternteilen wird aufrechterhalten und das Kind erlebt den Alltag mit beiden Eltern.

Beide Eltern bleiben in der Verantwortung für ihre Kinder und werden durch das Wechselmodell von der Mehrfachbelastung, die bei einem allein erziehenden Elternteil besteht, entlastet (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 12.01.2010 - 11 UF 251/09 - Juris Rn. 15)."

Oft wird als Argument gegen das Wechselmodell aufgeführt, dass ein fester Lebensmittelpunkt besser sei für die Entwicklung des Kindes. Das Oberlandesgericht Karlsruhe führt hierzu aus, dass solche Bedenken nicht pauschal gelten,

"....weil ein solcher allgemeiner entwicklungspychologischer Grundsatz nicht gesichert ist (vgl. dazu OLG Dresden, Beschluss vom 03.06.2004 - 21 UF 144/04 - Juris Rn. 13; Sünderhauf, FamRB 2013, 290, 291..."

Das Oberlandegericht Karlsruhe führt weiter aus, dass das Wechselmodell höhere Anforderungen an die Eltern stellt:

"Allerdings stellt die Durchführung eines regelmäßigen Wechsels des Aufenthalts des Kindes auch im (Schul-)Alltag an die Eltern höhere Anforderungen bezüglich der Kommunikation, Kompromissbereitschaft, aber auch des Kontaktes miteinander als bei einem Umgang lediglich in der Freizeit des Kindes (vgl. OLG Dresden, a.a.O., Rn. 15).

Soweit andere Gerichte daraus folgern, dass ein Wechselmodell nur dann durchführbar sei, wenn beide Eltern dies wollten, lehnt das Oberlandegericht Karlsruhe dies mit zutreffender Begründung ab; eine solche Zwangsläufigkeit gibt es nicht. Hierzu führt das Oberlandegericht Karlsruhe wie folgt aus:

"Allerdings sind die für diesen Grundsatz in Anspruch genommenen Entscheidungen soweit ersichtlich ausnahmslos zu der Frage der Beibehaltung einer gemeinsamen elterlichen Sorge ergangen, stellen also "Alles-oder-nichts-Entscheidungen" dar, während es vorliegend lediglich um den zeitlichen Umfang eines Umgangsrechts geht.

In dem vom Oberlandegericht Karlsruhe entschiedenen Fall ging es aber darum, dass die Eltern - unabhängig vom zeitlichen Umfang der Umgangskontakte - Streit miteinander hatten. Zwar wirkte sich der Streit generell als belastend für das Kind aus, aber es war eben keine Besonderheit des Wechselmodells. Hierzu führt das Oberlandegericht Karlsruhe aus, dass 

"es sich im Übrigen als hilfreich erwiesen hat, während des Aufenthalts beim anderen Elternteil keine Telefonate oder Besuche durchzuführen"

Auch unterschiedliche Förderung und der unterschiedliche Umgang mit bestimmten Situationen (z. B. Kind möchte nicht Musikinstrument üben) ist nach Auffassung des Oberlandesgerichts Karlsruhe keine Besonderheit des Wechselmodells, sondern

"kann sich auch bei funktionierender Partnerschaft der Eltern ereignen".

Im Ergebnis hält das Oberlandegericht Karlsruhe zutreffend fest, dass ein Wechselmodell auch gegen den Willen eines Elternteils angeordnet werden kann.

Folgerichtig hat das Familiengericht Pforzheim erst kürzlich (im Juni 2020) in einem Fall entschieden, dass das Wechselmodell auch gegen den Willen beider Eltern angeordnet werden kann. In dem Fall war es so, dass die Kindesmutter nicht grundsätzlich gegen das Wechselmodell war; sie wollte nur die Stresssituation für das Kind mindern, weil der Vater unter dem Verdacht stand, das Kind zu manipulieren und gegen die Mutter aufzubringen. Da aber das Kind sich selbst für das Wechselmodell ausgesprochen hat und damit zu verstehen gegeben hat, mit beiden Eltern gleich viel Zeit zu verbringen, hat das Familiengericht Pforzheim das Wechselmodell angeordnet. Die Besonderheit in diesem Fall war, dass das Familiengericht Pforzheim sich mutig gegen die Empfehlung des Sachverständigen ausgesprochen hat. Der Sachverständige hatte in seinem Gutachten die Einflussnahme durch den Kindesvaters nicht ausreichend gewichtet.

Wenn Sie Beratung oder gerichtliche Hilfe in Bezug auf das Wechselmodell brauchen, können Sie sich gerne an mich wenden.